Die Erstbesteigung der Zugspitze durch Josef Naus

Josef Naus war von Geburt an ein Tiroler. Er wurde am 29. August 1793 in Reutte als Sohn eines Landgerichts-Aktuars geboren und widmete sich nach der Schule dem Studium der Vermessung. Als im Jahr 1806 Bayern als Königreich ausgerufen wurde, gab es für den damaligen König Maximilian I. noch die zentrale Frage zu klären, wo eigentlich die höchste Erhebung seine Landes liegt. So erteilte er den Auftrag zur Vermessung des Werdenfelser Landes an sein "Topographisches Bureau", wo Naus zu diesem Zeitpunkt beschäftigt war und an dem „topografischen Atlas von Bayern 1:50.000“ arbeitete. Naus, der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 27 Jahre alt war, wurde für diesen Vermessungsauftrag auserkoren – für ihn sicherlich ein Meilenstein in seiner bisherigen militärischen Laufbahn. So machte er sich am 19. Juni 1820 mit einem kleinen Team auf den Weg, den höchsten Punkt Bayerns zu vermessen. Nach mehreren Wochen Erkundungstouren am Schneeferner sollte die eigentliche Besteigung am 26. August 1820 starten. Geplant war dabei der Aufstieg übers Reintal und zur Hirtenunterkunft Angerhütte, die als Übernachtungsbasis dienen sollte. Begleitet wurde er auf dieser Mission von dem Bergführer Johann Tauschl aus Partenkirchen sowie seinem Freund und Messgehilfen Maier. Am 27. August um 11:45 Uhr gelang ihm schließlich nach ca. 8-stündigem Aufstieg der erste verzeichnete Gipfelerfolg an der Zugspitze. Mittlerweile hatte sich das Wetter allerdings so stark verschlechtert, dass Naus seinem eigentlichen Vermessungsauftrag kaum nachkommen konnte. Nur eine kurze Auflockerung ermöglichte ihm festzustellen, dass die Männer tatsächlich die höchste Bergspitze erreicht hatten. Er ermittelte eine Höhe von 2.962 Metern und errichtete im Schnee mit einem Stock und Sacktuch ein improvisiertes Gipfelkreuz als Beweis für die erfolgreiche Besteigung. Wie Naus später in seinem Tagebuch beschreibt, mussten die Bergsteiger danach „unter größten Gefahren die Höhe verlassen“. Zu ihrem Glück hatten sie bereits beim Aufstieg den Weg markiert, um so auch im dichten Nebel nicht die Orientierung zu verlieren. Sehr lang zog sich für die Männer der Abstieg, sodass sie erst um 3 Uhr nachts wieder die Angerhütte erreichten. Müde und platt von den Strapazen - aber als Erstbesteiger der Zugspitze!

Josef Naus Erstbesteiger Zugspitze
Abbildung 1. Bildquelle s. u.

 

Tagebucheintrag zur Erstbesteigung aus dem Jahr 1820

"26 August. Mit Herrn Hauptmann Jetze und Leutnant Anlitscheck durch das Reintal auf den Anger. Übernachtet wird in einer Hirtenhütte, von einer Menge Flöhe dergestalt gemartert, daß ich wachend am Feuer die halbe Nacht mit Tötung derselben zubringen mußte. Endlich retterirte ich mich unter freien Himmel und schütze mich mit dem Regendach vor dem Regen. 27. August. Früh 4 Uhr von der verwünschten Flohhütte über das Blatt durch den Schneeferner hinter dem Zugspitz an die Gränze, von wo aus man nach Ehrwald, Lermos p. p. und alle in dieser Gegend befindlichen Berge übersehen konnte. Vergeblicher Versuch den Zugspitz zu besteigen. Abermaliger Versuch, welcher endlich nach einigen Lebensgefahren und außerordentlichen Mühen gelang. Nach 1 ¾ Stund erreichten wir, mein Bediente und unser Führer Joh. Georg Tauschl aus Partenkirch um ¾ 12 Uhr die höchste Spitze des noch von keinem Menschen bestiegenen, so verschrienen Zugspitzes. Mangel an Zeit und Material verhinderte uns eine Pyramide zu errichten. Nur ein kurzer Bergstock mit einem rothen Sacktuch daran befestigt, diente zum Beweise, das wir dagewesen. Nach 5 Minuten werden wir schon von einem Donnerwetter, mit Schauer und Schneegestöber begleitet, begrüßt und mußten unter größten Gefahren die Höhe verlassen. Gerade so viel gestattete der dicke Nebel, mich überzeugen zu können, daß wir die höchste Spitze erreichten. Kaum 10 – 20 Schritt von der Spitze entfernt, betäubte uns ein Blitz und ein zu gleicher Zeit erfolgter Donnerschlag dergestalt, dass wir glaubten, alle Berge müßten zusammenstürzen. Ich wollte mich hinter eine kleine Felsenwand vor den hinter uns nachkommenden, von der Erschütterung losgewordenen Steinen retten, gab aber bald den vernünftigen Vorstellungen meines Führers, welcher mir die immer mehr wachsende Gefahr des Abwärtssteigens durch den häufig fallenden Schnee schilderte, nach und bequemte mich weiter zu gehen. Unsere beim Hinaufsteigen gebrauchte Vorsicht, unsern genommenen Weg mittelst aufeinander gelegten Steinen und im harten Schnee gemachten Zeichen etc. zu bezeichnen, kann uns bei dem außerordentlich starken Nebel, wo man kaum 4 Schritte vor sich hinsehen konnte, sehr gut zu statten. Unser Weg führte uns durch eine Klamm, in welcher man eine Wand von ungefähr 14 Fuß überspringen und einmal eine noch viel größere Distanz auf hartem Schnee von Wenigstens 50° Böschung abfahren […] mußte. Was diese Gefahr noch vermehrte, war, daß sich durch den Regen das Wasser in dieser Rinne anhäufte und uns keinen rechten Tritt bemerken ließ, zudem es an mehreren Stellen uns über den Kopf und Rücken abstürzte. Endlich mußten wir am südlichen Fuß des Zugspitzes und am Anfang des 2 ½ Stunden langen und 1 ½ Stunden breiten Schneeferners, welcher an sehr vielen Stellen mit ungeheuer tiefen und von 2 bis 15 Fuß breiten Spalten vergefährlicht ist – Freund Anlitschek, Hauptmann Jetze und ich schätzten die Tiefe einer solchen auf bei 400´, sie war kaum 2 Fuß breit, wohl aber mehrere 100 lang. Hauptmann Jetze und Anlitschek hatten das Glück, indem jeder mit einem Fuß in ein ähnliches Loch trat, sich noch durch Schnelligkeit vom unvermeidlichen Tod zu retten – eine der gefährlichsten Passagen machen. Wo der Ferner sich an die Wände anlehnt, sind die größten und breitesten Schluchten. Über eine dieser war eine Art von Schneebrücke, 1 Fuß dick, 1 breit und 3 lang. Kein anderer Ausweg war übrig, als sich diesem schwachen Gewölbe zu vertrauen und glücklich gieng der Marsch von statten. So gelangten wir ¾ 2 Uhr auf den Schneeferner und setzten unsern Marsch über diesen und das Blatt fort. Um 3 Uhr traf ich meine Freunde und Reisegefährten am Anger im Flohhüttchen wieder. Um so angenehmer war das Wiedersehen, da ich mehrmalen zweifelte, mein Leben erhalten zu können. Um ½ 4 Uhr verließen wir unsern Aufenthalt und kamen abends 9 Uhr ganz ermüdet und entkräftet in Partenkirchen an. In der Früh war das Wetter gut. Von ¾ 12 Uhr aber regnete und schneite es bis in die Nacht" (Quelle: Franz Pritzl, Der Bergsteiger, Ausgabe 3/1970, S.193).

Frueherer Anstieg zur Zugspitze
Abbildung 2. Bildquelle s.u.

 

 

 

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Quellennachweis:

Abbildung 1: H. v. Aggenstein – Toni Hiebeler: Zugspitze – Von der Erstbesteigung bis heute. Mosaik, München 1985 ISBN 3-570-00651-4111, https://de.wikipedia.org/wiki/Zugspitze#/media/Datei:01_Joseph_Naus_1824.jpg, 29.04.2020

Abbildung 2: „Eine Gruppe Bergsteiger am Zugspitzgrat, um 1890“. Interfoto/Archiv Friedrich - https://www.planet-wissen.de/natur/gebirge/zugspitze/pwieerschliessungderzugspitze100.html, 29.04.2020

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