#wissen
Veröffentlicht: 01.12.2018
Autor: Hansi Stöckl

Akklimatisierung für Hochtouren in den Alpen

 

Höhe kann krank machen. Gerade in den Alpen ist Akklimatisation für Gipfelziele in „großen Höhen“ über 3.000 m wichtig, um keine gesundheitlichen Schäden davonzutragen, und vor allem, um Spaß an der Hochtour zu haben! Wer eine Expedition plant, ist viele Wochen unterwegs und akklimatisiert langsam. Bei einer Wochenendtour in den Alpen sieht es anders aus. Schnell am Samstag ins Auto gesetzt und am nächsten Tag auf den Piz Palü mit 3.901 m und danach wieder nachhause. Das kann gut gehen. In den meisten Fällen wird man aber keinen Spaß dabei haben. Wir geben hier einige Tipps aus unserer Bergführer Erfahrung mit den unterschiedlichsten Kunden und Strategien.

Häufig werden Höhenprobleme unterdrückt und aus „Scham“ gegenüber dem Bergführer oder den Bergkameraden nicht geäußert. Dies kann auch in den Alpen tödlich enden! Ein Hirnödem HACE ist in den Alpen sehr unwahrscheinlich. Ein Lungenödem HAPE in den Westalpen durchaus häufig anzutreffen! Darum ist die Offenheit mit auftretenden Symptomen überlebenswichtig und fair gegenüber den Bergkameraden. Es ist nicht als Schwäche anzusehen, wenn man an Höhensymptomatiken leidet - das kann jedem passieren! Man kann sich eventuell „Dummheit“ anlasten, wenn man die Akklimatisation vernachlässigt hat.

 

Unsere 3 Tipps für die Akklimatisierung

 

  1. ZEIT mitbringen

Der größte Faktor ist der Mangel an Zeit. Wer eine Tour in großen Höhen plant, und davon spricht man bei Touren zwischen 3.000 m und 5.500 m sollte sich Zeit für die Vorbereitung nehmen. Häufig ist der Wohnort eher auf Meereshöhe als auf 1.500 m und so ist bereits die Schlafhöhe z. B. in Zermatt auf 1.600 m eine Art Akklimatisation „light“. Bei vielen Touren wird zu Beginn eine Seilbahn genutzt, die häufig auf mehr als 3.500 m führt wie am Klein Matterhorn, der höchstgelegenen Bergstation Europas mit 3.883 m. Hier startet die eigentliche Hochtour und wer hier nicht bereits akklimatisiert ist, wird Probleme bekommen. So ist es zwingend nötig, im Vorfeld von Hochtouren eine Höhenanpassung durchzuführen, welche mehrere Tage dauert. Die Dauer ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und wird auch nicht maßgeblich vom Traningszustand beeinflusst, sondern von der Reaktion des Körpers auf den Sauerstoffmangel.  

 

  1. Schlafhöhe trainieren (go high - sleep down)

Die meisten Probleme treten nicht während der Tour auf, sondern in der Nacht auf der Hütte, wenn die Schlafhöhe zu hoch ist. Bei  Hochtouren mit Hüttenübernachtungen über 3.000 m sollte man auf jeden Fall im Vorfeld auf über 2.500 m übernachten. Idealerweise steigt man noch einige hundert Höhenmeter über die Hütte auf, bevor es dann hinunter auf die eigentliche Schlafhöhe geht. Die Schlafhöhe sollte nicht mehr als 400 Höhenmeter pro Tag gesteigert werden. Man sollte sich täglich die Frage stellen „Wie war die letzte Nacht“...

 

  1. Touren und Übernachtungen im Vorfeld

Bei Hochtouren in den Westalpen haben Bergsteiger, die 2 – 3 Tage früher anreisen und schon einfache Touren mit einer Höhe von rund 3.000 m unternehmen, eine wesentlich höhere Gipfelchance als diejenigen, die erst am Tag des Tourbeginns anreisen. Häufig sind Höhen über 3.000 m in den Gebieten einfach mit Seilbahnen zu erreichen. Dort kann man sich auf Wanderwegen einfach und „entspannt“ in der Höhe aufhalten. Es geht nicht um Traningstouren, sondern um den Aufenthalt in der Höhe. Die Hütten Infrastruktur ist so gut in den Alpen, dass es dort auch für das Training der Schlafhöhe genügend Möglichkeiten gibt, welche unbedingt genutzt werden sollten.

 

Expeditionsvorbereitung Höhenmedizin

 

 "Nice to know"

 

Was sind eigentlich die Symptome oder Krankheitsbilder von Höhenkrankheit?

 

AMS – Acute Mountain Sickness

Die meisten Bergsteiger haben in Höhen über 3.000 m bereits Symptome der AMS gehabt. Dies äußert sich durch Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Schlafstörung. Hauptsymptom sind die Kopfschmerzen, die vor allem nachts und am Morgen von einem leichten Druck bis zum „Kopfplatzen“ variieren. Auslöser ist der geringere Luftdruck in großen Höhen und damit der abnehmende Sauerstoffpartialdruck. Die Beschwerden können bereits über 2.000 m auftreten und erscheinen in der Regel nach einigen Stunden Aufenthalt in der Höhe. Die Beschwerden verschwinden innerhalb von 2 – 3 Tagen, vorausgesetzt man setzt sich nicht noch größeren Höhen aus. Das Nichtbeachten von AMS kann zum tödlichen Höhenhirnödem HACE führen!

 

Symptome:

  • Kopfschmerz – von leicht bis Kopfplatzen, vor allem nachts und am Morgen.
  • Schwäche – Abnahme der Leistungsfähigkeit, häufige Pausen und Gleichgewichtsstörungen
  • Schlafprobleme – geht bis zur kompletten Schlaflosigkeit
  • Bewusstseinsstörungen – Antriebslosigkeit, Lethargie und Verwirrtheit
  • Psyche – Stimmungsschwankungen

 

Abhilfe:

  • Abstieg - der Sauerstoffpartialdruck steigt!
  • Sauerstoffzufuhr

 

Fehler:

  • Medikamente können Symptome des tödlichen Hirnödems HACE verschleiern.

 

HAPE – Höhenlungenödem

In großen und extremen Höhen entwickelt sich ein Lungenödem häufig nach längerem Aufenthalt in nicht akklimatisierter Exposition > 1 Tag.  Durch raschen Höhenaufstieg und den niedrigen Sauerstoffpartialdruck wird das Ödem hervorgerufen. Es äußert sich durch rasselnden Husten, Schwäche und im Endstadium Fieber. Symptome sind ein starker, plötzlicher Leistungsabfall und trockener bis blutiger Husten. Häufig sind auch Erbrechen und eine äußerst geringe Urinmenge pro Tag Anzeichen für das Krankheitsbild. Abhilfe schafft der schnelle Abstieg! Bei Nichtbeachtung führt das Lungenödem HAPE zum Tod!

 

Symptome:

  • Extremer Leistungsabfall
  • Rasselnder Husten (blutig im Endstadium)
  • Fieber
  • Engegefühl im Brustkorb

 

Abhilfe:

  • Abstieg - der Sauerstoffpartialdruck steigt!
  • Sauerstoffzufuhr

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